Taugen Mountainbikes für eine Inselerkundung? Wie gruselig ist Wracktauchen? Und kann man Kitesurfen an einem Tag lernen? Wir haben drei Tage lang auf Zypern nach Antworten gesucht.
Tag 1: Kitesurfen
Wir stehen an einem Kieselstein-Strand südlich der Bucht von Larnaka. “Keine Schwimmer, kein Sand. Perfekt”, sagt Kounnides. Der übliche Strandurlauber würde hier das Handtuch werfen. Aber für Kounnides und seine Schüler heißt das: Die Drachen bleiben sauber und müssen nicht ständig entsandet werden. Kounnides ist der Chef von Kitemed, der ältesten von drei Kitesurf-Schulen hier am Strand.
Ich habe keine Ahnung vom Kitesurfen und nicht viel Zeit. Kounnides hat nur einen Tag, mir so viel wie möglich beizubringen. Geduldig hat er mir deswegen erst einen Einblick in die Theorie gegeben. Er hat mir erklärt was ein “Windfenster” ist, hat mich meinen Drachen aufblasen und mit den vier Leinen und er Lenkstange verbinden lassen.
Nun ist es Zeit, Fliegen zu lernen. Kounnides stellt den Drachen senkrecht auf. Ich hebe den Daumen. Kounnides lässt los. Der Lenkdrache schwirrt gen Himmel. Dort versuche ich, ihn zu halten, “auf 12 Uhr”. “Du wirst deinen Nacken bald spüren”, sagt die Stimme in meinem linken Ohr. Jep, denk ich. Aber immer wenn ich den Blick vom Drachen über mir abwende, driftet er ab.
Irgendwann wird der Kite zur Verlängerung deiner Hände
Erst steuere ich den Drachen wie ein Fahrrad, ziehe die Lenkstange nach links und rechts und erwarte sofortigen Gehorsam. Aber die Sache ist komplizierter. Je nachdem, wie der Drachen im Wind steht, reagiert er mal schneller, mal träger. “Depower, power, steer.”
Diese Kommandos ruft mir Kounnides immer wieder zu, wenn der Drachen droht, abzustürzen. Und irgendwann verstehe ich es – ohne es wirklich erklären zu können. Es ist eher ein Zupfen als ein Zerren an den Lenkleinen, das den Drachen bändigt. Ich fühle mich wie eine Mischung aus Gittarist und Puppenspieler. “Irgendwann wird der Kite zu einer Verlängerung deiner Hände”, sagt Kounnides. Wir laufen windaufwärts den Strand entlang, der Drachen schwebt mit. Es geht ohne Brett ins Wasser.
Das Meer hat Badewannen-Temperatur. Neopren-Anzug braucht man hier keinen. Kounnides zeigt mir, wie ich den Schirm in großen Achten durch den Himmel pflügen lasse und Zugkraft aufbaue. Der Drachen rast gen Meer, bekommt die Kurve, steigt wieder auf und ich beginne, auf dem Bauch übers Wasser zu gleiten – wieder und wieder. Das Ganze sieht sicher nicht besonders elegant aus, fühlt sich aber an wie der Beginn einer wunderbaren Freundschaft. Der Wind und ich. Kounnides lächelt. “Wenn du das nächste Mal hier bist, bringen wir dich aufs Brett.”
Tag 2: Wracktauchen
Unser Boot stoppt keine zwei Kilometer vom Hafen entfernt. Eine rote Boje markiert das Ziel. “Einfach der Kette nach”, sagt Zahar Vlah und lässt sich ins Wasser fallen. Wir folgen unserem Tauchguide, lassen die Luft aus unseren Tauchwesten und gleiten entlang der massiven Eisenkette hinunter zum Meeresgrund, zur Zenobia. Die schwedische Fähre sollte auf ihrer Jungfernfahrt 1980 Fracht nach Syrien bringen. Allerdings kam sie dort nie an. Ein Problem mit den Ballasttanks führte vor Zypern zu einer enormen Schlagseite. Als die schwere Ladung verrutschte, sank die Fähre vor dem Hafen von Larnaca auf 40 Meter Tiefe. Seitdem zählt die Zenobia unter Tauchern zu den beliebtesten Wracks weltweit.
Das Schiff liegt auf der Seite und zeichnet ungewohnte Linien und Formen ins Meer. Wie ein Sternenzerstörer ragt das 172 Meter lange Wrack ins dunkle Blau. Mein zugeteilter Tauchbuddy Sergei, ein russischer Tourist, fängt plötzlich an, zu summen. Erschrocken drehe ich mich um. Es dauert eine Sekunde, bis ich merke: Da gibt es keine Probleme mit dem Equipment. Der Mann ist einfach nur unheimlich glücklich.
Dicht gefolgt von einer Gruppe großer, schwarzer Zackenbarsche umrunden wir das Wrack. Da ist die Schiffsschraube, angeknabbert vom Zahn der Zeit. Rettungsboote hängen nutzlos in ihren Halterungen. Ein LKW hängt vom Deck. Mehr als 100 dieser Lastwagen soll die Zenobia an Bord gehabt haben, als sie unterging. Immer wieder leuchtet Vlah mit einer Lampe durch Luken und Fenster ins dunkle Innere des Schiffs. Dieser Bereich bleibt nur sehr erfahrenen Tauchern vorbehalten. Mir reicht der Blick von außen. [egg id=”3″]
Wir schwimmen zur Kette zurück und steigen langsam wieder auf. Während unseres Sicherheitsstopps auf fünf Metern bläst Vlah – wie ein Großvater mit Pfeife – Luftringe ins Wasser, wo sie wachsen und silbern schimmernd gen Oberfläche rotieren. Sergei fängt wieder an zu summen.
Tag 3: Mountainbike
Je länger wir unterwegs sind, desto breiter wird das Grinsen von Michalis “Mike” Hadjioannou: “Ich bin glücklich, wenn ich auf dem Rad sitze.” Dabei ist das hier wahrlich nichts Neues für ihn. Hadjioannou war mal Mountainbike-Profi. Dann begann er, Radrennen auf Zypern zu organisieren. Heute bietet er unter dem Namen Activate Cyprus auch geführte Radtouren an. Zypern habe Hervorragende Rennrad-Routen. “Aber wenn ich Spaß haben will, steige ich aufs Mountainbike.”
Wir sind in Tochni gestartet, einem verschlafenen Dorf südwestlich von Larnaka. Nun geht es auf weißen Schotterpisten an Olivenhainen und Granatapfelbäumen vorbei. Eine Schlange nimmt vor unseren vollgefederten Schlachtrössern Reißaus. Die Sonne wärmt, ohne uns zu rösten.
Wir rollen auf den Hof von Loulla Efthimiou. Die ältere Dame empfängt uns in einem roten Fußball-Trikot. “Liverpool-Fan?”, fragt unser englischer Fotograf Ben Read. Efthimiou winkt ab. Von Fußball hat sie keine Ahnung, von Halloumi schon. Die Farmerin betreibt hier ihre eigene kleine Käserei. Halloumi aus Schafs- und Ziegenmilch soll in Zypern erfunden worden sein. Die EU prüft seit einigen Jahren den Antrag, den Käse als Marke zu schützen. Efthimoiu ist das aber wahrscheinlich so egal wie Fußball. Sie reicht uns Kostproben, ungegrillt, als Schnittkäse. Angenehm salzig zerbröselt der frische Käse im Mund. “Ich könnte das den ganzen Tag essen”, sagt Read. Bevor wir unseren Fotografen an den Käse verlieren, radeln wir weiter.
Wenn ich Spaß haben will, steige ich aufs Mountainbike
Wir kämpfen uns einige steinige Anstiege hinauf. Nicht wegrutschen, nicht zu langsam werden, nicht umfallen, denke ich. Dann rollen wir schon wieder gen Tal und biegen links ab. Wir werden lautstark von Fiaros begrüßt. Der Esel wacht über die Einfahrt zum Christoudia Weingut. Das Familienunternehmen produziert jedes Jahr 80.000 Flaschen und exportiert auch nach China, Deutschland und in die USA. Wir probieren uns vorsichtig durch die Weißweine, sagen aber auch zu den zwei Dessertweinen nicht nein.
Angetrieben vom süßen Wein stürmen wir den nächsten Berg hinauf, Fotograf Read mit seinem E-Mountainbike immer ein Stück voraus. Irgendwann stehen wir schwitzend neben einer riesigen Antenne, einem Gipfelkreuz und einer kleinen Kapelle. Während wir die Aussicht genießen. macht Hadjioannou erst einmal Kaffee. Auf der ewig währenden Abfahrt zurück nach Tochni – die blaue Stunde bricht an, der warme Wind pfeift durch den Helm, kaum ein Auto macht uns Konkurrenz – beenden wir den Tag mit einem unvergleichlichen Gefühl von Freiheit. Wir sind die Könige der Landstraße.
Unser Tipp: TUI fly erweitert sein Streckennetz um ein neues Ziel. Ab Sommer 2019 fliegen wir von Düsseldorf und Frankfurt nach Larnaca, Zypern.
Der Artikel wurde zuvor im Flyjournal Winter 2018/19 veröffentlicht.
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