Carola, eine ehemalige TUI Mitarbeiterin aus dem Bereich Spezialservice, ist eine leidenschaftliche Weltenbummlerin. Sie hat ihre Passion zum Beruf gemacht und kümmerte sich in ihrem Team um alle Belange rund um Reisen für Menschen mit Behinderung. Seit einem Autounfall vor vielen Jahren ist sie auf einen Rollstuhl angewiesen. Das hält sie jedoch nicht vom Um-die-Welt-Fliegen ab. Im Interview verrät sie, worauf es bei der Urlaubsbuchung zu achten gilt, vor welchen Herausforderungen sich Rollstuhlfahrer im Flugzeug nicht scheuen zu brauchen und welche Urlaubsregion sie als Rollstuhlfahrerin als besonders attraktiv empfindet.
Im Leben eines Rollstuhlfahrers gibt es so manche Hürden. Aber Hürden sind da, um überwunden zu werden. Das gilt auch für Rollstuhlfahrer im Urlaub.
Mit diesem Artikel möchten wir Menschen mit Behinderung dazu ermutigen, auf Entdeckungstour zu gehen. Vielleicht sitzt du selbst im Rollstuhl und traust dich nicht, mit dem Flugzeug um die Welt zu reisen. Oder du gehörst zur Familie oder dem Freundeskreis eines Rollstuhlfahrers und möchtest ihn oder sie mit einer Reise überraschen und möglichst viel richtig machen. Wir haben Carola, unsere ehemalige Kollegin, die selbst im Rollstuhl sitzt und leidenschaftlich gern die Welt erkundet, ein paar Fragen zum Thema Reisen mit Behinderung gestellt. Ihr Fazit: Scheue dich nicht – entdecke die Welt!
Hallo Carola. Vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, um uns und unseren Lesern ein paar Fragen zum Thema Urlaub für Rollstuhlfahrer zu beantworten. Wenn du an deine Urlaube zurückdenkst, was sind deiner Meinung nach die größten Herausforderungen als Rollifahrer im Urlaub?
Carola: Meine größte Herausforderung bei jedem Urlaub ist, dass ich vorab sicher gehen möchte, wo es behindertenfreundliche Toiletten auf dem Weg zum Urlaubsziel gibt. Bei anderen kleinen Problemen kann man immer auf die Hilfe der Begleitperson zurückgreifen, aber der Toilettenbesuch muss gesichert sein.
Wichtig ist für mich außerdem, dass es auch außerhalb meines behindertenfreundlichen Zimmers, Behindertentoiletten auf dem Hotelgelände gibt, sodass man nicht immer auf das Zimmer angewiesen ist.
Sind die Toiletten im Flugzeug für Gehbehinderte nutzbar?
Carola: Am Flughafen ist es meist kein Problem, Behindertentoiletten zu finden. Im Flieger muss ich dann eben weniger trinken, da die Möglichkeiten für behindertengerechte Toiletten im Flugzeug leider noch nicht gegeben sind. Man kann zwar vor der Reise einen Bordrollstuhl beantragen, in dem man zur Toilette gefahren werden kann, aber aufgrund der geringen Größe der Bordtoiletten kann diese nicht jeder nutzen.
Mehr Infos zum Thema
TUI bietet behindertenfreundliche Hotels sowie Sondertransfere mit und ohne Rampe. Weiterführende Information zu Reisen für Behinderte findest du auf TUI.com: ► Auswahl an behindertenfreundlichen Hotels von den Balearen, über Spanien, Türkei und Griechenland bis Nordafrika
Muss ich bei der Flugbuchung etwas beachten? Muss beispielsweise eine gesonderte Anmeldung für den Rollstuhl erfolgen?
Carola: Wenn kein Veranstalter hinter einer Buchung für Rollstuhlfahrer und geheingeschränkte Personen steckt, müssen sich die Kunden selber um die Anmeldung kümmern. Das heißt: Anmeldung für die Hilfe am Flughafen direkt bei der Fluggesellschaft und Kontakt mit dem Hotel.
Ich habe am Flughafen schon mitbekommen, dass Rollstuhlfahrer nicht angemeldet eingecheckt haben. Die Abwicklung vor Ort dauert dann aber länger. Grundsätzlich muss jeder Rollstuhlfahrer befördert werden, ob vorher angemeldet oder nicht. Es gibt keine speziellen Kontingente für den Service oder Beförderung. Allerdings gibt es für unbegleitete Rollstuhlfahrer einen Unterschied: Für sie muss der Service bis zum Sitz erfolgen und somit ist die vorherige Anmeldung zwingend notwendig.
Wenn die Betreuung eines behinderten Gastes aufgrund einer sehr starken Behinderung nicht gegeben ist und somit die Flugtauglichkeit in Frage steht, entscheidet der Pilot, ob der Gast mitgenommen werden kann.
Du hast bereits das Thema Zimmer angesprochen: Worauf muss ich bei der Hotel- und Zimmerwahl achten?
Carola: Für mich ist es immer wichtig, dass ich auf so wenig Hilfe wie möglich angewiesen bin. Das beginnt schon beim Transfer im Urlaubsort. Ich möchte, dass ein Sondertransfer mit Rampe zur Verfügung steht. Weiterhin ist es von Vorteil, dass der Hoteleingang ebenerdig oder mit Rampe erreichbar ist. Bei der Hotelauswahl achte ich darauf, dass es Fahrstühle gibt, das Hotel ohne Teppich ausgestattet ist und dass das Hotel nicht am Hang liegt, sodass ich auch ohne große Mühen Spaziergänge machen kann.
Im Zimmer selbst möchte ich mich „drehen“ können. Es ist unangenehm, wenn ich z.B. rückwärts von einer Stelle zur anderen fahre und den Blick nach vorn nicht habe. Auch sollte ausreichend Platz vom Bett zur Wand vorhanden sein. Um im Urlaubsziel auch an die Luft gehen zu können, ohne das Hotel verlassen zu müssen, achte ich auf das Vorhandensein einer Terrasse oder eines Balkons im Zimmer.
In der Ausstattung eines behindertenfreundlichen Zimmers ist meistens eine ebenerdige Dusche vorhanden. Ich selbst benötige einen Sitz in der Dusche, der an der Wand befestigt ist. Ein mobiler Plastikstuhl in der Dusche ist für Gäste, die nicht immer auf den Rollstuhl angewiesen sind, meistens ausreichend.
Dann gibt es noch so Kleinigkeiten, die das Leben um einiges leichter machen. Beispielsweise niedrige Abstellmöglichkeiten für die Tasche und Bügel in Greifhöhe. Mit dem Spiegel ist es schon immer schwieriger, ein Ganzkörperspiegel hilft da sehr und man ist nicht nur auf den Spiegel im Fahrstuhl angewiesen 😉
TUI Hotel-Tipp:
Das Mar y Sol auf Teneriffa ist ein rollstuhlgerechtes Hotel, welches TUI im Programm hat. In diesem Hotel in Los Christianos im Süden der Insel sind alle Zimmer behindertengerecht, außer die Studios, die sind behindertenfreundlich.
Hast du eine behindertengerechte Hotelempfehlung für unsere Leser?
Carola: Für mich persönlich war der Urlaub in Südspanien im Hotel Playa de la Luz in Rota, Andalusien, sehr schön, da das Hotel zwar etwas außerhalb, aber wunderbar gelegen ist. Die behindertenfreundlichen Zimmer liegen ebenerdig zur Poolseite. Man kann aber im Hotelbereich die Außenterrasse, die direkt am Meer liegt, ideal erreichen und somit Strandurlaub „befestigt“ machen. Durch den wunderschön gelegenen Pinienwald kann man direkt auch die andere Seite des Strandes mit dem Rollstuhl erreichen. Wir haben uns einen Mietwagen gemietet und haben die wunderschöne Landschaft erkundet.
Für den, der etwas mehr Trubel und Spaß erleben möchte, empfehle ich das Rixos Park Belek. Dort gibt es durch die verschiedenen Angebote sehr gute Abwechslung. Man kann rundherum die befestigten Wege bis zum Strand nutzen. Auch helfen die Animateure gern, wenn ein Hindernis zu überwinden ist. So wurde ich auf der Liege vom Anfang des Strandes bis zu meinem „gewünschten Fleckchen“ getragen.
Für einen größeren Urlaub und das Stillen der Abenteuerlust empfehle ich die TUI Cruises Mein Schiff Flotte. Diese bieten viele Ausflüge und die Gegebenheiten an Bord sind behindertenfreundlich.
Welche Reiseziele gelten in deinen Augen als besonders behindertenfreundlich und rollstuhlgerecht?
Carola: Ich finde, dass Mallorca schon einen sehr guten Standard für Rollstuhlfahrer erreicht hat; weiterhin Südspanien und die Türkei. Vorzeigeland ist für Rollstuhlfahrer sicherlich die USA. Außerdem kann ich eine Städtereise nach Wien empfehlen, da in der österreichischen Hauptstadt alles gut mit der Bahn zu erreichen ist. Eine Hilfe für den Übergang von Bahnsteig zur U-Bahn ist aber empfehlenswert.
Viele Hotels bieten allgemein ein umfangreiches Programm, sodass den Urlaubern nicht langweilig wird. Können Rollifahrer auch die Sportangebote des Hotels wie Tennis, Tauchen und Golf nutzen oder gibt es da Einschränkungen?
Carola: Die Sportangebote können natürlich auch genutzt werden, wenn dieses für die behinderte Person möglich ist und auch mit dem Rollstuhl gut zu erreichen ist. So konnte ich beispielsweise Billard wunderbar nutzen oder auch Kegeln. Das Tauchen für Rollstuhlfahrer wird nur von geschulten Personal angeboten. Es gibt weltweit verschiedene Angebote, beispielsweise auf La Palma. Diese Anbieter muss man aber separat kontaktieren, da sie nicht über TUI zu buchen sind.
Eine letzte Frage: Wie können andere Gäste oder Hotelangestellte am besten helfen? Oder sollen sie lieber gar nicht?
Carola: Natürlich können Hotelangestellte oder Gäste vor Ort helfen. Das ist natürlich immer Ermessenssache der jeweiligen Person. Die Hotelangestellten sind aber nicht verpflichtet, da es nicht zum Standardservice gehört. So ist beispielsweise der Busfahrer des Transferbusses auch nicht verpflichtet, dem gehbehinderten Reisegast in den Bus zu helfen bzw. zu tragen und/oder den Rollstuhl auseinander zu bauen. Bei Schäden jeglicher Art haftet weder der Busfahrer noch der Reiseveranstalter. Für mich gab es noch nie ein Problem, als ich um Hilfe im Hotel bat. Es wurde alles versucht, was möglich war. So gibt es zwar zum Beispiel in einigen Hotels ebenerdige Duschen, aber dazu keine Duschsitze. Dann versucht das Hotelpersonal alles, damit ich einen geeigneten Stuhl bekomme, der für das Duschen geeignet ist.
Samuel Reinhart
Vielen Dank für die Informationen
Melanie
Ein großartiger Bericht! Es braucht mehr davon! Ich bin selbst Rollstuhlfahrerin und kann aus Erfahrung sagen, dass es so viele wunderbare, barrierefreie Reiseziele auf der ganzen Welt gibt. Man muss sich nur trauen. Ich finde es schön, dass die TUI informiert, was barrierefreies Reisen angeht und auch sehr viele Ziele im Angebot hat. Das Mar Y Sol ist wirklich ein top Hotel für Menschen mit Behinderung! Bereits zweimal war ich dort und bin mit meinem Rollstuhl perfekt zurechtgekommen. Solche Interviews und Tipps sind klasse!
Fabian
Genial, das es einen eigenen Bereich für solche speziellen Anforderungen gibt. Meiner Meinung nach ist Heut zu Tage sowas bei Reiseveranstaltern pfilcht. Super Arbeit seitens der TUI
Andrea
Toller Bericht. Hört sich doch ganz einfach an. Da will man gleich verreisen.
Patrick
sehr schön, dass die TUI auch an Rollstuhlfahrer und andere bewegungseingeschränkte Menschen denkt und in der Planung unterstützt!