Der Bodensee zieht Menschen an, die es genussvoll mögen. Man erlebt Natur und Kultur und sitzt an sonnigen Tagen bei regionalen Fischgerichten beisammen. Ein Ausflug zu Fischkoch Hubert Neidhart auf der Halbinsel Höri – der ruhigen Seite des Bodensees.
Der Gastronom Hubert Neidhart
Der Kirchturm von Radolfzell steht wie ein schwarzer Schattenriss in einem Meer aus Orangetönen. Nebelschwaden ziehen an diesem Spätsommertag über den westlichen Bodensee. Kitschig? Auf den Fotos vielleicht – in echt ist dieses frühmorgendliche Lichtspektakel kurz vor Sonnenaufgang einfach wunderschön. Wir stehen am Steg im kleinen Hafen von Moos und staunen über die Schönheit dieser einzigartigen Wasserlandschaft. Außer uns sind heute morgen schon viele Wasservögel wach – und wir treffen Gastronom Hubert Neidhart zu einer Tour auf dem See. Wir wollen schauen, was die Fischer heute so in ihren Netzen haben. Normalerweise kauft der Fischkoch vom Grünen Baum in Moos seine Zutaten natürlich nicht draußen auf dem Wasser, sondern ganz normal an Land, wo ihm die Fischer den frischen Fang oft auch ins Restaurant liefern.
Aber heute unternehmen wir eine Tour mit ihm, um mehr über den Fischfang hier zu erfahren. Tatsächlich treffen wir auf dem Wasser ein paar deutsche und Schweizer Fischer und kehren mit einer Schleie an Bord schließlich zurück. „Bodenseefisch ist zu 100 Prozent aus Wildfang“, erzählt uns Hubert Neidhart.
In seiner Küche schneidet er das Gemüse klein, das er noch schnell frisch vom Bauern geholt hat. Mit dabei: die berühmte Höri-Bülle, eine rote, milde Zwiebel, die das EU-Siegel der geschützten Herkunft trägt. Die Schleie gart der Koch, der sich seit Langem in der Slow-Food-Bewegung engagiert, im Backofen mit Gemüse, Kartoffeln und etwas Wein.
Genussregion für Radler und Wanderer
„Wir leben hier auf der Halbinsel Höri in einer Art Schlaraffenland“, findet der Fischexperte. „Durch das besondere Klima am See gedeihen auf der Höri am Untersee Gemüse und Obst in großer Vielfalt und durchweg erstklassiger Qualität. Ich schaue, was die Fischer vom See bringen, welchen Käse ich bei meinen Lieblingsproduzenten kaufen kann und welches Gemüse es frisch gibt – und das verarbeite ich dann. Meine Küche soll einfach, frisch, regional und authentisch sein. Sterne interessieren mich nicht, das hier ist Natur pur.“ Die Höri, Radolfzell, Überlingen, Insel Reichenau, Konstanz – der westliche Bodensee ist vor allem im Frühjahr und Herbst angenehm beschaulich.
Es ist eine Genussregion, in der sich Kulinarik- und Kunsterlebnisse gut mit einem Aktivurlaub verbinden lassen – sympathische Gasthöfe und Sehenswürdigkeiten liegen in dieser traditionsreichen, sonnenverwöhnten Kulturlandschaft oft direkt am Wegesrand. Die Radtouren sind allesamt gut ausgeschildert und fast immer abseits großer Straßen. Und es gibt wunderschöne Wanderstrecken – wie etwa den Premiumwanderweg SeeGang, der oft am Seeufer entlangführt und auf gut 50 Kilometern Konstanz und Überlingen miteinander verbindet – beides Städte mit spannenden Museen und Kulturschätzen.
Und wenn man müde ist oder genug erlebt hat, nimmt man einfach die Abkürzung quer über den See – mit den Schiffen der Weißen Flotte. Passt alles in diesem Landstrich, der ja offiziell zu Baden gehört.
Die Menschen hier verstehen zu leben und zu genießen. Sie schätzen Kultur, sie lieben Authentizität, mögen erstklassiges Essen. Die südbadische Küche zählt zu den besten Deutschlands, die Weine wachsen im Weinberg um die Ecke. Egal, ob man im Dorfgasthof einkehrt oder im Gourmetrestaurant – es ist fast immer gut.
Wer etwa in Radolfzell von Bord geht, der landet bestimmt wieder im Grünen Baum bei Hubert Neidhart. Seine Speisekarte ist ein kulinarischer Spiegel der Region. Nur einen feinen Ausrutscher erlaubt sich der Koch: Er macht eine französische Fischsuppe – so, wie er es bei der Ausbildung in der Bretagne gelernt hat, aber mit Süßwasserfisch.
„Am Anfang haben mich die Fischer für verrückt erklärt, aber es funktioniert. Unsere Fischsuppe ist eine Spezialität, für die wir am ganzen See bekannt sind.“
Auch im Hochsommer nicht überfüllt: Strandbad Horn auf der Halbinsel Höri | ©Joachim Negwer
Kunstroute Untersee: Gemälde und das Original am Hafen von Gaienhofen | ©Joachim Negwer